7. Februar 2025

Mitgliederversammlung des Eintracht Frankfurt e.V.: Das ist Vereinsdemokratie!

- von Prof. Dr. Lars Leuschner -

1. Auf der Tagesordnung für die Mitgliederversammlung des Eintracht Frankfurt e.V., die am 17. Februar 2025 stattfinden wird, finden sich zwei von einem einfachen Mitglied eingebrachte Anträge, die für Brisanz sorgen dürften:

  • Die Mitgliederversammlung möge beschließen, dass der Verein von seinen Aktienanteilen an der Eintracht Frankfurt Fußball AG 5 % oder mehr (ohne die 50 + 1 Regel zu verletzen) zum Marktpreis an Mitglieder des Vereins verkauft (aktuell hält der Verein 67,89 % der Aktien).
  • Die Mitgliederversammlung möge beschließen, dass der Vorstand des Vereins die Mitglieder regelmäßig in geeigneter Form zu bestimmten (näher definierten) Fragen rund um den Umgang mit „Problemfans“ zu unterrichten hat.

Beide Anträge dürften weder den Verantwortlichen des Eintracht Frankfurt e.V. noch denen der Eintracht Frankfurt Fußball AG wirklich gefallen: Antrag 1 droht den vertrauten Aktionärskreis in der Hauptversammlung der AG zu sprengen und einer größeren Zahl von Mitgliedern Zugang zum Aktionärstreffen (und damit auch zu Informationen) zu gewähren. Antrag 2 greift nicht nur in den operativen Bereich der AG ein, sondern beinhaltet auch ein Misstrauensvotum gegenüber den  Verantwortlichen. Vermeiden ließ sich die Zulassung der Anträge indes nicht: Denn sie sind rechtlich zulässig und müssen daher der Mitgliederversammlung zur Abstimmung vorgelegt werden.

 

2. Zum Antrag 1: Die sogenannte „Beteiligungsverwaltung“ und somit auch die Entscheidung darüber, ob bzw. an wen der Eintracht Frankfurt e.V. die von diesem gehaltenen Aktien an der Eintracht Frankfurt Fußball AG veräußert, fällt in den Bereich der Geschäftsführung. Primär zuständig dafür ist der Vorstand des Vereins. Aber nicht exklusiv. Auf Grundlage der Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) verfügt auch die Mitgliederversammlung des Vereins über eine Zuständigkeit in Geschäftsführungsangelegenheiten. Und noch mehr: Weil nach dem Gesetz der Vereinsvorstand als vom Verein beauftragt gilt (vgl. § 27 Abs. 3 Satz 1 BGB), ist die Mitgliederversammlung gegenüber dem Vorstand weisungsbefugt. Die Mitgliederversammlung des Eintracht Frankfurt e.V. kann daher dem Vereinsvorstand vorschreiben, wie dieser mit den Aktien an der Eintracht Frankfurt Fußball AG umzugehen hat. Die Satzung eines Vereins kann zwar von diesen Vorgaben des BGB abweichen. Die Statuten des Eintracht Frankfurt e.V. enthalten jedoch keine abweichende Regelung.

 

3. Zum Antrag 2: Auch der Umgang mit „Problemfans“ und die diesbezügliche Informationserteilung sind Geschäftsführungsangelegenheiten. Die Besonderheit besteht insoweit darin, dass es sich primär um eine Geschäftsführungsangelegenheiten der Eintracht Frankfurt Fußball AG und nicht des Vereins handelt. Denn Veranstalter der Fußballspiele, um die es geht, ist die AG. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob der Vereinsvorstand überhaupt in der Lage ist, die mit dem Antrag adressierten Informationen zu erlangen. Dem scheint entgegenzustehen, dass der Vorstand einer AG anders als der eines Vereins nicht weisungsgebunden ist (vgl. § 76 Abs. 1 AktG). Obgleich der Vereinsvorstand in der Hauptversammlung der AG den e.V. als Mehrheitsaktionär vertritt, ist er folglich nicht in der Lage, einen Weisungsbeschluss herbeizuführen, der den AG-Vorstand zur Berichterstattung an den Verein zwingen würde.

 

Wäre das schon das Ende der Fahnenstange, ließe sich indes nicht recht erklären, weshalb die sog. 50+1-Regelung der DFL die Ausgliederung einer Lizenzspielerabteilung auch auf eine AG erlaubt. Denn ihr Anliegen besteht bekanntlich darin, die Macht der Vereine (und ihrer Mitglieder) über den Profifußball zu erhalten. Und tatsächlich ist Letzteres auch im Fall der Ausgliederung auf eine AG gewährleistet. Deren Mehrheitsaktionär ist nämlich in der Lage, den Aufsichtsrat der AG zu besetzen. Und der Aufsichtsrat wiederum ist dafür zuständig, den Vorstand der AG zu bestellen und auch abzuberufen. Aufgrund des beschriebenen Zusammenhangs verfügt der Mehrheitsaktionär über die sogenannte Personalhoheit. Das hat Auswirkungen: Kann ein Vorstandsmitglied jederzeit vom Vertreter des Mehrheitsaktionärs (also dem Vereinsvorstand) abgerufen werden, wird er sich dessen Wünschen auch dann nicht verweigern, wenn diese nicht Gegenstand eines verbindlichen Weisungsbeschlusses sind. Wer das nicht glaubt, sei auf § 17 Abs. 2 des Aktiengesetzes verwiesen, in dem der Gesetzgeber diesen Zusammenhang auf den Punkt gebracht hat: „Von einem in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen wird vermutet, dass es von dem an ihm mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig ist.“

 

Der Vorstand von Eintracht Frankfurt e.V. ist folglich durchaus in der Lage, die mit dem Antrag 2 begehrten Informationen aus dem Bereich der Eintracht Frankfurt AG zu erlangen. Findet der Antrag eine Mehrheit, muss er sich zukünftig die Informationen beschaffen (gegebenenfalls mit „sanftem Druck“) und sie sodann periodisch den Mitgliedern des Vereins zukommen lassen.

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