25. November 2020

 

Zur richtigen Bestimmung und Ladung von Delegierten – echte oder unechte Delegiertenversammlung? – Zum Beschluss des OLG Celle vom 2.9.2019 - 20W17/19

 

Ein (nicht veröffentlichter) Beschluss des OLG Celle vom 2.9.2019 (20W17/19) beschäftigt nach wie vor viele Verbände. In ihm weist das Gericht die Beschwerde eines Kreisschützenverbandes gegen die Zurückweisung eines Antrags auf Eintragung einer Satzungsänderung zurück. Das Registergericht hatte die Zurückweisung damit begründet, der dem Antrag zu Grunde liegende Beschluss der Delegiertenversammlung sei unwirksam, weil Teile der Delegierten nicht ordnungsgemäß bestimmt und auch nicht innerhalb der in der Satzung vorgesehenen Frist geladen worden seien. Tatsächlich fand zumindest in einigen der Untergliederungen bzw. Mitgliedsvereinen keine Wahl der Delegierten statt, sondern diese entsandten jeweils ihren 1. oder 2. Vorsitzenden. Ferner erfolgte die Ladung zur Delegiertenversammlung offenbar nicht gegenüber den Delegierten selbst, sondern gegenüber den zuständigen Untergliederungen bzw. Mitgliedsvereinen. Das OLG Celle bestätigte die Auffassung des Registergerichts, wonach die von der Delegiertenversammlung gefassten Beschlüsse als nichtig zu qualifizieren sind. Die Delegierten seien vorliegend nicht ordnungsgemäß bestimmt gewesen, weil die Zuständigkeit für ihre Auswahl grundsätzlich bei der Mitgliederversammlung liege. Auch die Ladung sei mangelhaft gewesen, da es nicht auf den Zugang bei den „Mitgliedsvereinen“, sondern bei den Delegierten ankomme.

 

Inwieweit diese Erwägungen zutreffen, lässt sich ohne genau Kenntnis der Organisationsstruktur des betroffenen Verbandes nicht mit letzter Sicherheit beurteilen. Der Sache nach betrifft der Beschluss die nicht ganz einfache Unterscheidung zwischen der „echten“ und der „unechten“ Delegiertenversammlung (instruktiv BeckOGK/Notz BGB § 32 Rn. 262 ff.). Die „unechte“ Delegiertenversammlung ist in Wahrheit keine Delegiertenversammlung, sondern wird lediglich als solche bezeichnet. Man trifft sie vor allem in Vereinsverbänden an, welche dadurch gekennzeichnet sind, dass die für die Entsendung von „Delegierten“ zuständigen Vereine ihrerseits Mitglieder im Vereinsverband sind. Das Stimmrecht in der „Delegiertenversammlung“ steht somit in Wahrheit nicht irgendwelchen Delegierten, sondern den Mitgliedsvereinen selbst zu. Diese müssen folglich keine Delegierten wählen, sondern lediglich einen Stimmrechtsvertreter (gesetzlicher Vertreter oder Bevollmächtigter) in die „Delegiertenversammlung“ entsenden. Der Mitgliedsverein und nicht der Stimmrechtsvertreter ist in der Konsequenz richtiger Adressat der Einladung zur „Delegiertenversammlung“.

 

Bei der dem Beschluss des OLG Celle zugrunde liegenden Delegiertenversammlung handelte es sich aber wohl um eine „echte“ Delegiertenversammlung. Darauf deutet insbesondere hin, dass der betroffene Kreisschützenverband offenbar als Gesamtverein organisiert ist, d.h. die jeweiligen Untergliederungen ungeachtet ihrer Bezeichnung als „Mitgliedsvereine“ gar nicht Mitglieder des Verbandes sind. Folglich steht das Stimmrecht auch nicht ihnen, sondern ausschließlich den zu bestimmenden Delegierten zu. Für die Wahl der Delegierten sind in einer solchen Konstellation grundsätzlich sämtliche Mitglieder des Gesamtvereins zuständig, d.h. die Mitglieder der Untergliederungen, welche aufgrund der insoweit typischen gestuften Mehrfachmitgliedschaft zugleich Mitglieder im Hauptverein sind. Zulässig und üblich sind allerdings auch Regelungen, wonach nicht sämtliche Mitglieder alle Delegierten wählen, sondern sich die in den Untergliederung zusammengefassten Mitglieder darauf beschränken, einen gewissen Teil der Delegierten zu bestimmen (so offenbar auch im Fall des streitgegenständlichen Kreisschützenverbandes). Es bleibt aber auch in dieser Konstellation dabei, dass das es sich bei Delegierten um „echte“ Delegierte und keine bloßen Stimmrechtsvertreter der Untergliederung handelt. Folglich müssen sie in den Untergliederungen auch tatsächlich gewählt und anschließend persönlich zur Delegiertenversammlung geladen werden.

 

Für Verbände gilt es hiernach sorgfältig zu prüfen, ob es sich bei ihrer Delegiertenversammlung um eine "echte" oder eine "unechte" Delegiertenversammlung handelt. In den meisten Fällen dürfte Ersteres der Fall sein. In der Konsequenz bedeutet dies, dass dafür Sorge getragen werden muss, dass die Delegierten in den Untergliederungen von Mitgliedern gewählt und nicht von Funktionären bestimmt werden. Zudem ist sicherzustellen, dass die Ergebnisse der Delegiertenwahlen einschließlich der erforderlichen Daten dem Hauptverein rechtzeitig übermittelt werden, damit dieser die Delegierten ordnungsgemäß laden kann. In vielen Fällen wird es zweckmäßig sein, das entsprechende Prozedere in den jeweiligen Satzungen festzulegen bzw. zu konkretisieren.

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