8. April 2022

 

Einspruch gegen Spielwertung aufgrund vereinsrechtlicher Treuepflicht geboten?

- von Prof. Dr. Lars Leuschner -

 

Der SC Freiburg hat seinen Einspruch gegen die Wertung des mit 1:4 gegen den FC Bayern München verlorenen Spiels, bei dem es in der Schlussphase zu einem Wechselfehler der Münchner kam, mit der vereinsrechtlichen Treuepflicht begründet. Diese verpflichte die Verantwortlichen dazu, für den Verein sowohl in wirtschaftlicher als auch in sportlicher Hinsicht das Bestmögliche herauszuholen. Das Unterlassen des Einspruchs hätte nach Auffassung des Vereins sogar dazu führen können, dass einzelne Vorstandsmitglieder persönlich haften (https://www.kicker.de/streich-ein-absolutes-unding-so-an-den-pranger-gestellt-zu-werden-897404/artikel).

Eine interessante These, die bei näherer Betrachtung aber kaum zu überzeugen vermag. Richtig ist, dass es auch beim Verein eine Treuepflicht gibt. Nicht nur der Vereinsmitglieder, sondern auch bzw. erst recht der Mitglieder des Vorstandes. Aber der offensichtlich aus dem Kapitalgesellschaftsrecht übertragene Schluss, diese verpflichte die Adressaten dazu, den finanziellen oder zumindest sportlichen Gewinn zu maximieren, greift zu kurz. Die Argumentation übersieht, dass der Inhalt der Treuepflicht durch den Zweck der jeweiligen Organisation determiniert wird. Und unabhängig davon, dass rein faktisch möglicherweise etwas anders gelebt wird, ist primärer Zweck des SC Freiburg die Förderung des „Sports“ im Sinne von § 52 Abs. 2 Nr. 21 Abgabenordnung. Gemeint ist damit nicht der Profisport (welcher von der Abgabenordnung lediglich als Nebenzweck geduldet wird, vgl. § 58 Nr. 8 AO), sondern „die körperliche Ertüchtigung durch Leibesübungen“. Dass deren Förderung die Verantwortlichen dazu zwingen soll einen (unter dem Gesichtspunkt des Fairplay nicht ganz zweifelsfreien) Einspruch einzulegen, will kaum einleuchten.

Etwas anderes könnte allenfalls gelten, wenn man die Profifußball-Abteilung des SC Freiburg als sog. Mittelbeschaffungsbetrieb ansehen wollte, dessen einzige Aufgabe darin besteht, finanzielle Mittel für den vereinseigenen Amateursport zu erwirtschaften. Bei einer solchen Sichtweise wären die Verantwortlichen wohl in der Tat dazu verpflichtet alles zu tun, was am Ende dazu führen mag, dass durch die Qualifikation für die Champions League hohe Einnahmen erzielt werden. Eine entsprechende Sichtweise hätte indes eine entscheidende Konsequenz: Sie würde die Verantwortlichen auch dazu zwingen, die die Profimannschaft betreffenden Entscheidungen ausschließlich am Ziel der finanziellen (!) Gewinnmaximierung auszurichten. Der treffsichere Topstürmer, der Garant für den sportlichen Erfolg und Liebling der Fans ist, müsste hiernach auch ohne finanzielle Not verkauft werden, wenn sich auf diese Weise mittelfristig höhere Einnahmen erzielen lassen. Auch müsste man beispielsweise darüber nachdenken, ob es nicht von Rechts wegen geboten ist, mehr Stehplätze durch lukrative Businesslogen zu ersetzen.

Kurzum: Natürlich kann man einen solchen Einspruch einlegen. Unter dem Aspekt des Fairplay mag er vertretbar sein. Nur sollte man sich dabei nicht hinter einer angeblichen Rechtspflicht verstecken.

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