6. September 2023 (mit Anpassung an die dt. Sprachfassung des Richtlinien-Vorschlags vom 27.9.2023)

Kommission veröffentlicht Richtlinienentwurf für neue „European Cross-Border Association“ (ECBA)

- von wiss. Mit. Tim Wöffen, LL.M. -

Die Europäische Kommission hat am 5.9.2023 einen Vorschlag für eine Richtlinie für eine neue nationale Rechtsform des „europäischen grenzübergreifenden Vereins“ (European Cross-Border Association, ECBA) veröffentlicht (EU-Informationsseite dazu hier). Es handelt sich dabei nicht um einen Verordnungsvorschlag für eine supranationale Rechtsform auf der Basis von Art. 352 AEUV (welcher Einstimmigkeit erfordern würde), sondern um den Vorschlag einer Richtlinie auf der Basis der Artikel 50 und 114 AEUV. Ein ähnlicher Ansatz wurde zuvor auch bei dem Vorschlag einer Einpersonengesellschaft SUP (Societas Unius Personae) verfolgt.

 

Danach müssen die Mitgliedsstaaten im nationalen Recht eine neue zusätzliche Rechtsform mit dem Kürzel ECBA schaffen, die den Anforderungen der Richtlinie entspricht. Neben Regelungen zu der Gründung (Art. 16) und Registrierung in einem nationalen Register gibt es auch Regelungen zur Umwandlung bestehender Vereine (Art. 17). Interessante Aspekte sind u.a. das Gebot der Gleichbehandlung mit inländischen Vereinsrechtsformen (Art. 9) und die Regelungen zur grenzüberschreitenden Sitzverlegung, die keine erneute Registrierung im Zuzugsstaat erfordern soll, sondern im Wege des zwischenstaatlichen Datenaustauschs ermöglicht werden soll (Art. 22 ff. „Mobility“).

 

Der Entwurf lässt grundsätzlich das jeweilige bereits bestehende nationale Vereinsrecht unangetastet. Gleichwohl könnte der Vorschlag einen wichtigen Impuls liefern für die Reform des deutschen Vereinsrechts. So sieht der Entwurf beispielsweise eine digitale Online-Registrierung des ECBA ohne Notar vor (Art. 18 Nr. 4). Im Kontrast dazu steht derzeit die zum Teil überbordende „vorsorgenden Rechtspflege“ der Vereinsregister bei Vereinsanmeldungen und Satzungsänderungen (Stichwort „Zwischenverfügungen“).

 

Es liegt auch bereits eine Pressemeldung des Europaabgeordneten Dr. Sergey Lagodinsky vor, der mit seinem Bericht im Europäischen Parlament den Anstoß zu diesem Vorschlag der Kommission gegeben hat, sowie eine gemeinsame Stellungnahme von Civil Society Europe, CEDAG (Comité Européen des Associations d’intérèt général) und Philea (Philantropy Europe Association). Herr Dr. Lagodinsky hat auch in einem kurzen Video seine Motivation und Ziele dargestellt. In dem Zeitraum bis zum 1. November 2023 können in einem Konsultationsverfahren von jeder Person Stellungnahmen zu dem Entwurf abgegeben werden.

 

Der Richtlinienentwurf wird auch ein Thema sein bei den kommenden 23. Hamburger Tagen des Stiftungs- und Non-Profit-Rechts am 10./11. November 2023.

 

Abgesehen von dem Richtlinienentwurf hatte die Kommission bereits Mitte Juni 2023 mehrere steuerrechtliche Arbeitspapiere veröffentlicht und darauf aufbauend einen Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur Entwicklung der Rahmenbedingungen für die Sozialwirtschaft erarbeitet. Unter anderem wurde in einer rechtsvergleichenden Studie die unterschiedliche nationale Besteuerung untersucht sowie in einer weiteren Studie die Rechtsprechung des EuGH hinsichtlich Besteuerung grenzüberschreitender Spenden (Titel: „Non-discriminatory taxation of charitable organisations and their donors: principles drawn from EU case-law“ = Nichtdiskriminierende Besteuerung von Wohltätigkeitsorganisationen und ihren Spendern: Grundsätze aus der EU-Rechtsprechung).

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Kommentare

  • Tim Wöffen (Freitag, 22. September 2023 11:25)

    Die deutsche und die französische Sprachfassung sind heute veröffentlicht worden und sind hier abrufbar: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=COM%3A2023%3A516%3AFIN&qid=1693934336125

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