29. April 2024
- von Prof. Dr. Lars Leuschner -
Der FC Bundestag e.V., in dem ehemalige und aktuelle Mitglieder des Deutschen Bundestages Fußball spielen, hat einen Beschluss gefasst, wonach er keine Mitglieder der AfD mehr in seinen Reihen dulden möchte. Der Beschluss wurde laut Medienberichten mit 29 Ja-Stimmen, 2 Enthaltungen und 11 Nein-Stimmen gefasst. Der Vorstand sei beauftragt worden, die zur Umsetzung des Beschlusses erforderlichen „Gespräche und Maßnahmen einzuleiten.“ Die AfD will hiergegen juristisch vorgehen. Was genau Inhalt des Beschlusses ist, welche Maßnahmen zur Umsetzung geplant sind und wer Klage erheben will (vermutlich die AfD-Mitglieder, die derzeit Mitglieder des FC Bundestag e.V. sind), ist nicht bekannt. In jedem Fall dürfte der Beschluss wohl so zu verstehen sein, dass künftig keine AfD-Mitglieder mehr aufgenommen werden sollen. Denkbar ist aber auch, dass die vorhandenen Mitglieder des FC Bundestag e.V. mit AfD-Parteibuch ausgeschlossen werden sollen.
Aus der vereinsrechtlichen Perspektive werfen die Vorgänge einige interessante Fragen auf. Welches Gericht auch immer über den Fall entscheiden muss, ist hierfür sicherlich nicht zu beneiden. Im Einzelnen:
Ein Ausschluss der vorhandenen AfD-Mitglieder dürfte sich eher schwierig gestalten. Denn insoweit bedarf es eines „wichtigen Grundes“. Konkret müsste man darlegen, dass die Mitgliedschaft mit den Werten des Vereins unvereinbar ist. Anknüpfungspunkt könnte der zitierte Passus in der Satzung des FC Bundestag e.V. sein, wonach der Verein „überparteilich und interfraktionell die Werte der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und des parlamentarischen Systems der Bundesrepublik Deutschland“ vertritt. Einen entsprechenden Widerspruch allein unter Verweis auf das Parteiprogramm der AfD zu begründen, dürfte aber kaum gelingen. Man müsste schon argumentieren, dass es in der AfD antidemokratische Tendenzen gibt, die von den übrigen AfD-Mitgliedern toleriert werden. Ob das für einen Vereinsausschluss genügt, mag man unterschiedlich beurteilen. Anders liegen die Dinge natürlich, wenn dem konkret vom Ausschluss betroffenen Mitglied ein individuelles Fehlverhalten vorgeworfen werden kann.
Davon zu unterscheiden ist die (mutmaßliche) Entscheidung, zukünftig keine AfD-Mitglieder mehr aufzunehmen. Entgegen der Einschätzung der AfD dürfte der Gleichbehandlungsgrundsatz insoweit nicht tangiert sein. Denn als privater Verband ist der FC Bundestag e.V. bei seiner Entscheidung, wen er aufnimmt und wenn nicht, grundsätzlich frei. Eine Bindung an den Gleichbehandlungsgrundsatz besteht nicht. Abweichendes gilt nur, wenn ein Verein oder Verband im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich eine überragende Machtstellung innehat und ein schwerwiegendes Interesse von Beitrittswilligen am Erwerb der Mitgliedschaft besteht. Das dürfte auf den FC Bundestag e.V. kaum zutreffen. Bliebe nur die Argumentation, dass die aktuell vorhandenen Vereinsmitglieder mit AfD-Parteibuch durch den Beschluss in ihren Rechten verletzt werden. Sie können sich auf aufgrund ihrer Mitgliedschaft grundsätzlich auf den Gleichbehandlungsgrundsatz berufen. Aber: Die Entscheidung, zukünftig andere AfD-Mitglieder nicht in den FC Bundestag e.V. aufzunehmen, betrifft sie selbst gar nicht unmittelbar.
Es bleibt jedoch die Frage, ob ein Beschluss, zukünftig AfD-Mitglieder nicht mehr aufzunehmen, nicht unter den Satzungsvorbehalt fällt, d.h. nur im Wege der Satzungsänderung wirksam getroffen werden kann. Wäre dem so, bedürfte er zu seiner Wirksamkeit der – vorliegend wohl knapp verfehlten – qualifizierten Mehrheit (sofern die Satzung keine abweichende Regelung enthält, gilt § 33 Abs. 1 S. 1 BGB: 3/4-Mehrheit) sowie der Eintragung im Vereinsregister. Geht es im Einzelfall um die Entscheidung, ob eine konkrete Person in den Verein aufgenommen wird, ist der Satzungsvorbehalt sicherlich nicht einschlägig. Hier kann die Mitgliederversammlung mit einfacher Mehrheit beschließen. Geht es aber wie vorliegend darum abstrakt-generell festzulegen, dass einer bestimmten Gruppe zukünftig die Mitgliedschaft verwehrt wird, liegen die Dinge möglicherweise anders. Insoweit spricht einiges dafür, dass es sich um eine „das Vereinsleben bestimmende Grundentscheidung“ handelt, die wirksam nur in der Satzung getroffen werden kann.